Waltz with Bashir (1000 Filme: 1)
Schon vor ein paar Monaten hatte ich hier etwas über den “permanenten Kriegszustand” geschrieben, in dem sich Israel seit Jahrzehnten befindet: Rutu Modan war in sehr subtiler Art und Weise in ihrer Graphic Novel “Exit Wounds” damit umgegangen. Gestern habe ich nun (mit J. und N.) den animierten Film “Waltz with Bashir” gesehen, der das Thema viel direkter angeht. Der Regisseur und Erzähler, Ari Folman, hat einen “Dokumentarfilm im Zeichentrickgewand” gedreht, in dem er sich der verlorengegangenen Erinnerung an seinen Militärdienst widmet und stückchenweise, mit der Hilfe der Erinnerungen damaliger Kameraden und Zeitzeugen, rekonstruiert, was er damals während des Libanonkrieges 1982 erlebt hat.
In Europa kennen wir Krieg nur aus der Erinnerung unserer Eltern und Großeltern und aus dem Fernsehen. Wer sich in die Lage versetzen will zu erfahren, wie sich Krieg wirklich anfühlt, dem sei “Waltz with Bashir” empfohlen. Der Film zeigt anhand der Gesprächspartner eindrücklich, wie die israelischen Soldaten auch noch Jahrzehnte später unter der psychologischen Belastung ihrer Erlebnisse leiden. Gleichzeitig wird dabei nie geleugnet, dass der Krieg für die Libanesen ebenso traumatisierend war – die Darstellung des Massakers von Sabra und Schatila, das die israelischen Truppen im Libanon geduldet haben, gehört wohl zu den drastischsten Dingen, die jemals in Trickfilmform dargestellt worden sind: “Alles, was man sieht, ist erfunden – gezeichnet, koloriert -, aber nichts ist fiktiv.” Am Ende blendet der Trickfilm über zu Echtfilm-Material von Angehörigen, die nach dem Massaker um ihre ermordeten Verwandten trauern. Bis hierhin hat der Kunstgriff, das Geschehen als ästhetisierenden Trickfilm zu zeigen, funktioniert, doch am Ende schlägt die Grausamkeit des Krieges voll auf den Betrachter durch und lässt ihn während des Abspanns einigermaßen ratlos zurück.
veröffentlicht am 5. January 2009 um 15.00 Uhr
in Kategorie: 1000 Filme