Niggemeier und das Gesetz
Der bekannte Medien-Journalist und Berufsblogger Stefan Niggemeier, der ab und zu auch für die FAZ schreibt, hat bei Youtube Videos hochgeladen, über deren Urheberrechte er nicht verfügte. Youtube hat ihm nach einer Mahnung daraufhin das Benutzerkonto und alle Videos gelöscht.
Wenn mir so etwas passiert wäre, wäre ich wahrscheinlich froh, dass die Rechteinhaber mich nicht gleich abgemahnt haben. Stefan Niggemeier hingegen haut in die Tasten und schreibt einen Artikel in seinem Blog. Er gibt zwar zu, dass er die Videos nicht hätte hochladen dürfen, windet sich aber hin und her: Er will sich auf das Zitatrecht berufen – obwohl die Videoausschnitte unbearbeitet waren und eben nicht nur von den jeweiligen Blogartikeln, sondern auch direkt auf der Youtube-Seite abrufbar waren. Er meint, es sei nicht klug von den Rechteinhabern, die Löschung zu verlangen. Er regt sich über einen Rechtschreibfehler in einer automatisch generierten Antwort-Mail auf. Er wundert sich darüber, dass die gleichen Inhalte auf der Seite des Rechteinhabers öffentlich und kostenlos verfügbar sind.
Bei all dem ist der entscheidende Punkt: Die Rechtslage steht gegen Niggemeier. Eine unkommentierte, unbearbeitete Verbreitung eines Videos ist nicht vom Zitatrecht gedeckt. Darüberhinaus besteht kein Rechtsanspruch auf einen Youtube-Account. Und Niggemeier könnte die Videos ohne Probleme selbst hosten und einen Rechtstreit riskieren.
Das alles wäre im Grunde nicht weiter erwähnenswert, weil es in der deutschen “Blogosphäre” ein ganz alltäglicher Vorgang ist. Auch ist es kein Wunder, dass gleich jemand “Zensur” schreit. Interessant sind aber die Kommentare. Dort hat sich offenbar ein Kommentator geweigert, eine korrekte E-Mail-Adresse einzugeben, woraufhin Niggemeier dessen Kommentare gelöscht hat. Niggemeiers Begründung:
Die Verpflichtung verstößt nicht gegen das Gesetz.
Richtig. Das Löschen von Youtube-Accounts mit urheberrechtlich bedenklichen Inhalten übrigens auch nicht.
veröffentlicht am 20. February 2010 um 16.20 Uhr
in Kategorie: In der Welt
Huch, so viel Unsinn in einem Blogeintrag! Also: Nicht alle Ausschnitte waren unbearbeitet, und auch das bearbeitete Video wurde gelöscht. Ich hab mich über keinen Rechtschreibfehler aufgeregt. Ich habe mich deshalb darüber gewundert, dass RTL ein Video auf clipfish nicht löscht, weil es in dem Fall gar nicht um das Urheberrecht ging, sondern eine peinliche Panne, die RTL aus der Welt schaffen wollte. Dass es einen Rechtsanspruch auf einen YouTube-Account gebe, habe ich an keiner Stelle auch nur suggeriert. Ich habe auch nicht skandalisiert, dass YouTube Accounts mit urheberrechtlich bedenklichen Inhalten löscht. (Bemängelt habe ich nur, dass es schon reicht, dass ein Rechteinhaber behauptet, die Inhalte stellten einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar.) Und das Hosten der Videos z.B. auf einem eigenen Server wäre im Fall des FAZ.net-Fernsehblogs nicht “ohne Probleme möglich”, weil das in der Blog-Software gar nicht vorgesehen ist. Dass das nicht das Problem von YouTube, Sevenload oder RTL ist, stimmt, aber das habe ich ja auch nicht behauptet.
Comment by stefan niggemeier — 20. February 2010 @ 16:44
Danke für die Blumen.
OK, Sie haben mit einem süffisanten “[sic!]” auf den Fehler hingewiesen.
Das allerdings sagt eine Menge aus über die technischen Fähigkeiten der dafür zuständigen FAZ-Mitarbeiter.
Comment by SG — 26. February 2010 @ 10:22
Wie sieht denn unsüffisantes “[sic]” aus? No offence; interessiert mich wirklich, weil ich beruflich und privat auch nicht selten “sice”, ohne dass es süffisant wirken soll.
Comment by Niels — 3. April 2010 @ 19:01
Aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Ob ein “[sic]” nun süffisant ist oder nicht, liegt an zwei Dingen. Erstens: Wie schwerwiegend ist der Fehler im Original? Minimale Fehler mit “[sic]” zu versehen, wirkt süffisanter, als wenn es sich um grobe Schnitzer handelt. Zweitens: Das Ausrufezeichen (“[sic!]”) machts’s potentiell süffisant.
Sicen tu’ ich ja auch gerne, vor allem drüben bei 77jahre angesichts der mitunter abenteuerlichen Englisch-Rechtschreibung meiner Vorfahren…
Comment by SG — 3. April 2010 @ 19:24