Albert Camus: Die Pest (1000 Bücher: 11)

Albert Camus: Die Pest. Roman, aus dem Französischen übersetzt von Guido C. Meister, Hamburg 1950.

Camus beschreibt in fünf Akten das Drama einer Pestepidemie im französisch-algerischen Oran. Mit einer rätselhaften Rattenheimsuchung beginnt die Krankheit, bald darauf sterben die ersten Menschen. Die Behörden reagieren zögerlich, weil sie nicht an einen Ausbruch der Pest im 20. Jahrhundert glauben wollen, doch als die Todeszahlen ansteigen, wird die Stadt abgeriegelt – bis schließlich viele Monate später die Pest zurückgeht und das normale Leben wieder einsetzt.

Im Laufe des Romans wird deutlich, dass Camus die Pest als Chiffre verwendet für den Zweiten Weltkrieg, der gerade zu Ende gegangen war, als er den Roman schrieb. Es werden die Schicksalswege einiger Personen während der Epidemie nachgezeichnet, die der anonymen, riesenhaften und bedrohlichen Krankheit ebenso hilflos gegenüberstehen wie den mitunter drakonischen Maßnahmen der Behörden. Das Ergebnis ist eine packend zu lesende, sehr plastische Schilderung menschlicher Ohnmacht angesichts überwältigender Zeitumstände.

In der Erinnerung erscheinen die fürchterlichen Tage der Pest denjenigen, die sie erlebten, nicht als große, endlos grausame Flammen, sondern viel eher als endlose Tretmühle, die alles zermalmte. (S. 103)

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08.10.2009

08.10.2009, mittags

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Sommerende

31.08.2009, vormittags

31.08.2009, vormittags

15 Grad, viel Regen in den letzten 24 Stunden. Zeit, um in Urlaub zu fahren.

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Alexander Hohenstein: Wartheländisches Tagebuch 1941/42 (1000 Bücher: 10)

Alexander Hohenstein: Wartheländisches Tagebuch 1941/42, München 1963.

Der unter Pseudonym schreibende Verfasser wurde Ende 1940 aus dem “Altreich” strafversetzt ins Wartheland: Denjenigen Teil des besetzten Polens, den die Deutschen germanisieren und dem Reich vollkommen anschließen wollten. Hohenstein wird in einer Kleinstadt als Bürgermeister eingesetzt. Er ist dem Nationalsozialismus durchaus nicht feindlich gesinnt, ist Parteimitglied. Dennoch legt er sich wegen seiner gegenüber Polen und Juden menschlich einigermaßen korrekten Amtsführung im Laufe des Jahres 1941 heftig mit seinen Vorgesetzten, insbesondere mit der NSDAP, an, entgeht knapp einer Verurteilung, wird schließlich entlassen und muss das Wartheland verlassen.

Hohensteins Tagebuchaufzeichnungen sind aus mehreren Gründen interessant. Zum einen wird hier auf der lokalen Ebene im “Osten” deutlich, wie die Besetzung Polens funktionierte, wie arrogant die Deutschen gegenüber dem besiegten Volk auftraten, wie willkürlich die Unterscheidung zwischen Polen und begünstigten “Volksdeutschen” gezogen wurde und welche drastischen Konsequenzen daran hingen. Im Wartheland versuchte sich das III. Reich an einer Kolonialpolitik der unappetitlichsten Sorte.

Zum zweiten beschreibt Hohenstein sehr anschaulich die Freiräume und Begrenzungen eines Parteifunktionärs auf niederer Ebene. Weit weg von Hitlers Reichskanzlei sind es sehr unangenehme Gestalten, die im Namen der NSDAP auftreten und Autorität ausüben. Der Staat, den Hohenstein als gewissenhafter Verwaltungsbeamter vertritt, ist von der Partei kolonialisiert worden.

Zum dritten schließlich liefert Hohenstein ein bedrückendes Bild davon, wie in einer polnischen Stadt der Holocaust ablief. Der Kontakt Hohensteins zu den bereits im Ghetto lebenden Juden der Stadt zieht sich wie ein roter Faden durch den Band, bevor – während Hohenstein im Urlaub war – die Juden grausam deportiert und bald darauf ermordet wurden. Gleichzeitig zeigt sich, dass Hohenstein selbst zwar erschüttert ist ob dieses Verbrechens, aber nicht die Dimension und die Konsequenzen begreift. Auch nach dem Verschwinden der Juden herrscht Business as Usual, und bei der Abreise aus dem Wartheland verliert Hohenstein über ihre Tötung kein Wort.

Auch wenn autobiografische Berichte immer mit einer gewissen Skepsis zu lesen sind, so handelt es sich doch bei Hohensteins Buch um einen Bericht, der auf ganz praktischer Ebene verständlicher macht, wie das nationalsozialistische Regime funktionieren konnte.

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Zerrissene Umarmungen (1000 Filme: 7)

09.08.2009, 17.45 Uhr, Traum-Kino Kiel (Saal 1), 0 €

09.08.2009, 17.45 Uhr, Traum-Kino Kiel (Saal 1), 0 € (Ich hatte die Karten gewonnen)

Viel Fachkundiges kann ich nicht sagen zu diesem Film, denn ich hatte noch nie vorher einen Almodóvar-Film gesehen. Gefallen hat er mir trotzdem. Almodóvar ist sicher kein minimalistischer Regisseur. Stattdessen wird eine Geschichte sehr groß und auch sehr ausführlich erzählt, wobei ich fand, dass dadurch keine Längen entstanden. Der Film spielt prinzipiell im heutigen Madrid (und auf Lanzarote), jedoch besteht er zu einem großen Teil aus Rückblenden in die Neunzigerjahre. Im Mittelpunkt steht ein klassisches Motiv – eine Dreiecksgeschichte -, die von einem erblindeten Filmregisseur erzählt wird. Die Geschichte ist eigentlich sehr grausam und nimmt kein gutes Ende, aber Almodovár hat wohl absichtlich dazu sehr farbenfrohe, heitere Bilder komponiert (dieser Aspekt hat mich, zusammen mit dem Drehort Spanien, etwas an Vicky Cristina Barcelona erinnert), so dass der Film nirgends trist wird und die Tragik der Geschichte mit einer faszinierenden Leichtigkeit verbunden ist.

Erwähnt werden muss hier auf jeden Fall noch der schicke braune Mercedes 300 D (W123) auf Lanzarote, der auf einen stilsicheren Ausstatter schließen lässt. Ich weiss allerdings nicht, ob er moorbraun war.

http://tapastalatukat.wordpress.com/2009/01/05/vicky-cristina-barcelona-1000-filme-2/

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Vor 10 Jahren: Der erste Sommer

Eigentlich sind es ja noch 67 Jahre zu wenig. Aber trotzdem: Vor zehn Jahren – am 11. August 1999 – war von Mitteleuropa aus eine totale Sonnenfinsternis zu sehen. Ich hatte damals gerade das Abitur gemacht, und was soll ich sagen – der erste Sommer danach, sozusagen das Fenster der Freiheit zwischen Schule und Zivildienst, war etwas ganz besonderes. Eine äußerst spontane Fahrt zu zweit mit dem Mercedes (natürlich ein W123) der verreisten Eltern nach Nordfrankreich, um die besagte Sonnenfinsternis anzusehen, gehörte auch dazu. (In Deutschland war’s bewölkt.) Nach der Anreise am 10. August und einer Übernachtung im Auto hinter einem Getreidesilo irgendwo bei Reims mussten wir am 11. August noch einige 100 km nach Nordwesten fahren, um einigermaßen gutes Wetter zu erwischen. Am Ende hatten wir es bis Amiens geschafft, wo wir dann tatsächlich ein recht beeindruckendes Erlebnis hatten.

Kermie war auch dabei

Kermie war auch dabei

Nachher fuhren wir noch spontan nach Paris und am Tag drauf an den Kanal nach Calais. Schön war’s. Und es ist schon ganz schön lange her.

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Ach, so fühlt sich das an

Irgendwo las ich vor ein paar Wochen einen Artikel, der das Zusammentreffen zweier Freunde unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg beschrieb. Der eine war unverletzt durch den Krieg gekommen, während der andere einen Schuss in den Kopf erlitten hatte, welcher nicht unmittelbar tödlich gewesen war, jetzt jedoch dazu führte, dass der Betroffene mit der Aussicht auf nur noch wenige Tage zu Hause vor sich hin dämmerte. Als der Freund den Todkranken fragte, wie das war, als die Kugel in seinen Schädel eindrang, sagte der, sein einziger Gedanke sei gewesen: “Ach, so fühlt sich das an”.

Genau den gleichen Gedanken hatte ich am Montag nachmittag, als ich in der Neurologie der Uni-Klinik Kiel in einem fensterlosen Kellerraum saß und mir eine (überaus kompetent scheinende und freundliche) Assistenzärztin mit einer gar nicht so dünnen Hohlnadel auf Hüfthöhe zwischen zwei Wirbeln in den Rücken stach, um Nervenwasser für eine Untersuchung abzunehmen. Schmerz war es an sich kaum, nur eben das merkwürdige Gefühl, dass diese Hohlnadel dort eigentlich nicht hingehört.

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Kressmann Taylor: Adressat unbekannt (1000 Bücher: 9)

Kressmann Taylor: Adressat unbekannt, New York 1938.

Der Holocaust ist ein Verbrechen, welches selbst in der Rückschau schwer begreiflich ist. Umso mehr Anerkennung gebührt der amerikanischen Journalistin Kressmann Taylor, die bereits 1938 den Völkermord an den Juden erschreckend weitgehend vorausgeahnt hat.

“Adressat unbekannt” ist ein dünnes Büchlein, das mit einem Vorwort von Elke Heidenreich gerade einmal 60 Seiten umfasst. Es gibt den fiktiven Briefwechsel eines amerikanischen Juden und eines Deutschen zur Zeit der Machtergreifung Hitlers wieder. Am Anfang noch Geschäftspartner und Freunde, wird der Deutsche bald zum Anhänger des Nationalsozialismus und die Freundschaft wird zu Feindschaft, bevor der eine am Ende den anderen umbringt. Dies geschieht aber auf so perfide und für den Leser nicht vorhersehbare Weise, dass man erst auf der letzten Seite bemerkt, welches Spiel der eine mit dem anderen gespielt hat. Im Gegensatz zu Elke Heidenreich verrate ich hier nicht, wie. Auf jeden Fall sollte der Leser Heidenreichs Vorwort überblättern und gleich den eigentlichen Text lesen.

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Summer in the city

11.06.2009, vormittags

11.06.2009, vormittags

Ich glaube, der Sommer ist da. Wird Zeit für Kieler Woche.

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Star Trek (1000 Filme: 6)

09.05.2009, 20.10 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 2), 5,50 €

09.05.2009, 20.10 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 2), 5,50 €

Ich war skeptisch. Sehr skeptisch. Star Trek mit neuen Schauspielern für die alte Crew der ersten Serie, die einst (von 1966 bis 1969) produziert worden war? Schon allein diese Idee, so schien es, war ein Sakrileg.

Trotzdem, es hat funktioniert. Das lässt sich wohl am besten daran festmachen, dass man auch diejenigen Charaktere, deren neue Schauspieler den alten nur begrenzt ähnlich sehen, sofort anhand ihrer Sprech- und Ausdrucksweise und ihrer liebenswert gewordenen Macken erkennt. (Besonders bei McCoy ist dies wirklich faszinierend.) Der Film zeigt die Anfänge der ersten Enterprise-Crew, spielt also vor der ersten Serie. Gleichzeitig sorgen einige Tricks mit dem Raumzeitkontinuum dafür, dass mit den Ereignissen dieses Films eine von der Originalserie abweichende Realität geschaffen wurde, so dass man – bei eventuellen Fortsetzungen – nicht an die Ereignisse des “Kanons” gebunden ist.

Trotz viel Schall und Rauch ist Star Trek im Kern ein Film, der die Entwicklung einer Freundschaft erzählt, nämlich derer von Kirk und Spock, deren erste Begegnung gezeigt wird und die sich zunächst furchtbar in die Wolle geraten. Der aus der Zukunft angereiste Original-Spock, gespielt von dem originalen Leonard Nimoy, bringt schließlich auch das ins Lot, wenn auch nebenbei der Planet Vulkan zerstört wird. Hunderte kleiner Anspielungen auf andere Filme und Serien von Star Trek zeigen, dass die Macher den Franchise nicht entführt haben, sondern würdig weiterführen. Gerade nach den letzten Kinofilmen (vor allem dem unsagbar schlechten Star Trek X) war ich der Auffassung, dass Star Trek nun endgültig tot sei. Nun, Spock war ja bekanntlich auch schon mal tot und hat danach noch eine eindrucksvolle Karriere als vulkanischer Botschafter hingelegt. Mit diesem Film ist Star Trek im 21. Jahrhundert angekommen; und es ist wieder quicklebendig.

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